: Infos für Kinder & Jugendliche

Zu Hause geht es drunter und drüber. Deine Mama oder dein Papa verhalten sich anders als andere Eltern. Papa will vielleicht nicht mehr aufstehen, ist traurig und später dann wieder der fröhlichste Mensch? Da ist es ganz normal, dass du diese Situation komisch findest und dich vielleicht sogar allein gelassen und manchmal hilflos fühlst.

Das Verhalten deiner Eltern könnte ein Hinweis sein, dass es ihrer Psyche nicht gut geht. Das ist nicht deine Schuld. Es gibt auch andere Kinder und Jugendliche, denen es auch so geht.

Hier erfährst du mehr zum Thema „Psychische Erkrankungen“ und wie du mit dieser Situation zu Hause am besten umgehen kannst.

  • Was hilft meinen Eltern?

    Damit es deiner Mutter oder deinem Vater besser geht, brauchen sie vor allem professionelle Hilfe. Du kannst keine psychische Erkrankung heilen, egal wie sehr du dich anstrengst.

    Der Verlauf der Erkrankung ist natürlich bei jedem Menschen anders. Aber mit Psychotherapie und eventuell mit Medikamenten, kann man sie in der Regel gut behandeln. Dabei ist es wichtig, dass die psychische Erkrankung früh erkannt wird und man schnell professionelle Hilfe von Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen bekommt.

    Psychotherapie
    Die Basis einer Behandlung ist eine Psychotherapie durch einen*eine Psycholog*in oder einen*eine Psychiater*in. Die Termine finden meistens einmal die Woche in einer Praxis statt. Die Therapie besteht nicht nur aus Gesprächen, sondern manchmal auch aus Aufgaben und Übungen.

    Klinik
    Wenn eine Therapie in einer Praxis nicht ausreicht, gibt es die Möglichkeit einer Behandlung in einer psychiatrischen Klinik. Dort bleiben deine Eltern über Nacht. Es gibt auch psychiatrische Tageskliniken, da gehen deine Eltern jeden Morgen hin und kommen abends wieder zurück.

    Medikamente
    Medikamente – sogenannte Psychopharmaka – können eine Psychotherapie unterstützen. Sie helfen z. B. sich besser zu entspannen oder zu schlafen. Je nach Erkrankung und Verlauf sind diese Medikamente nur vorübergehend nötig. Manchmal müssen sie auch länger eingenommen werden, um eine Verschlechterung zu verhindern.

    Sozialpädagog*innen
    Als zusätzliche Unterstützung für deine Familie können Sozialpädagog*innen dazukommen. Diese werden vom Jugendamt beauftragt oder deine Eltern beantragen eine eigene Unterstützung. Je nach Antrag und Bedarf helfen sie dabei, den Alltag zu strukturieren und unterstützen deine Eltern bei Kontakten zu Behörden. Familienhelfer*innen haben auch ein offenes Ohr für dich.

    Wie du siehst, gibt es eine ganze Menge Möglichkeiten. Du und deine Familie müsst nicht alleine zurechtkommen.

  • Und was ist mit dir?

    Wenn es Eltern nicht gut geht, hat das meistens auch Auswirkungen auf die Kinder. Vieles dreht sich Zuhause um die Erkrankung der Eltern und das ist nicht immer einfach. Natürlich erleben nicht alle Kinder von Eltern mit psychischen Erkrankungen den Alltag gleich. Bei vielen gibt es bessere und schlechtere Zeiten.

    Auf jeden Fall sind es nicht die Kinder, die dafür sorgen müssen, dass es den Eltern gut geht. Du musst nicht alles alleine schaffen.

    Ohnmacht
    Allgemein geht es Menschen besonders schlecht, wenn sie glauben nichts an ihrer Situation ändern zu können. Dann fühlen sie sich ausgeliefert und ohnmächtig, weil sie keine Kontrolle haben. Geht es dir auch manchmal so? Dagegen kannst du etwas tun.

    Ideen
    Du kannst und darfst dir Unterstützung suchen, was Schönes machen und Spaß haben. Suche dir einen Ausgleich zu all dem Zuhause und Menschen, die dir gut tun. Hier ein paar Ideen, wie das gehen kann:

    • Vertrauensperson:Überlege, ob es jemanden gibt, mit dem du reden kannst, wenn es dir nicht gut geht oder du dir Sorgen um deine Eltern machst. Dies kann jemand in der Familie, Freund*innen, Nachbar*innen oder jemand in der Schule sein. - Freizeit: Auch, wenn du das Gefühl hast Zuhause “gebraucht zu werden”, nimm dir auch genügend Zeit für dich. Mach etwas Schönes in deiner Freizeit mit Freund*innen, im Verein oder einfach allein
    • Gruppen: Außerdem kann es gut für dich sein, an einer Gruppe für Kinder oder Jugendliche mit psychisch erkrankten Eltern teilzunehmen. Dort lernst du mehr über die Erkrankung und triffst andere, die in einer ähnlichen Situation sind wie du.
    • Professionelle Hilfe: Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie dir und deiner Familie geholfen werden kann. Du kannst mit Ärzt*innen oder dem Jugendamt darüber sprechen.

    Notfall
    Wenn du jemanden zum Reden oder Hilfe und Informationen brauchst, kannst du auch folgende Nummern wählen:
    • Kinder- und Jugendnotdienst (in Hamburg: 040 42 84 90)
    • Kinder- und Jugendtelefon: 0800-111 03 33 (der Anruf ist kostenlos)
    • im Notfall kannst du immer 110 oder 112 anrufen.
    • Hier findest du eine Liste mit vielen Nummern, die dir helfen, wenn du vielleicht in einer Krise steckst und jemanden zum Reden brauchst.

  • Warum spricht kaum jemand über psychische Erkrankungen?

    Erzählst du anderen was bei dir Zuhause los ist? Darüber, dass deine Mutter oder dein Vater eine psychische Krankheit haben? Reden deine Eltern über ihre Erkrankung? Psychische Erkrankungen sind leider immer noch kein Thema worüber viele Menschen offen sprechen. Einige schämen sich und erzählen es deshalb niemandem oder ihnen macht das sogar Angst darüber zu reden. Wenn Eltern eine psychische Erkrankung verbergen, versuchen meistens auch die Kinder das solange wie möglich geheim zu halten. Beide Eltern und Kinder fühlen sich deshalb oft alleine.

    Zahlen
    Dabei ist in Deutschland jedes Jahr ungefähr jeder vierte Erwachsene von einer psychischen Erkrankung betroffen. Das heißt 18 Millionen! Es gibt also wahrscheinlich ein paar Menschen um dich herum, denen es ähnlich geht wie dir und deiner Familie. Zu den häufigsten Krankheiten zählen Angststörungen, Depressionen und Alkohol- oder Drogenabhängigkeit. Die Wissenschaft zeigt, dass jeder von einer psychischen Erkrankung betroffen sein kann (Link Warum sind meine Eltern psychisch krank?).

    Stars
    Sogar richtig berühmte und erfolgreiche Stars haben manchmal damit zu kämpfen, obwohl ihr Leben von außen so glücklich und einfach aussieht: Selena Gomez und Ariana Grande sprechen zum Beispiel offen über ihre Panikattacken und Depressionen. Oder der Schauspieler Leonardo DiCaprio. Er soll immer wieder sinnlose Handlungen wiederholen, wie etwa das Berühren von Gegenständen – man nennt das auch Zwangsstörung. Außerdem wachsen einige Stars mit Eltern auf, die psychisch erkrankt sind zum Beispiel Rihanna. Ihr Vater hat zu viel Alkohol getrunken und Drogen genommen.

    Unterstützung
    Für viele Betroffene ist es eine Erleichterung über die eigenen Erlebnisse zu sprechen. Außerdem werden psychische Erkrankungen so nach und nach weniger zu einem Tabu. Wahrscheinlich haben deine Eltern schon jemanden, mit dem/der sie sprechen können. Aber auch du kannst dir Unterstützung holen.

  • Warum sind meine Eltern psychisch krank?

    Wahrscheinlich hast du irgendwann gemerkt, dass bei euch Zuhause nicht alles so läuft wie bei vielen deiner Freunde. Deine Mutter oder dein Vater haben sich manchmal komisch verhalten, waren zum Beispiel immer müde und konnten sich über nichts freuen. Oder sie sind ängstlich geworden und haben sich nicht mehr nach draußen getraut. Irgendwann sind sie vielleicht in die Klinik gegangen oder haben eine Therapie angefangen und du hast erfahren, dass sie eine psychische Erkrankung haben. Eventuell weißt du sogar welche: Depression, Angststörung, Bipolare Störung, Schizophrenie. Es gibt einige. Aber warum sind sie krank geworden? Woher ist diese Erkrankung gekommen und wird das vererbt?

    Gründe
    Auslöser für psychische Erkrankungen sind eine Kombination aus drei verschiedenen Faktoren1, die zusammen kommen:

    1. Biologische Faktoren z. B. Gene oder Verletzungen des Gehirns
    2. Psychologische Faktoren z. B. schlimme Unfälle oder Gewalterfahrungen
    3. Umweltfaktoren z. B. Stress bei der Arbeit oder Streit

    Es gibt somit nicht die “eine” Erklärung, warum einige Menschen psychisch erkranken und andere nicht. Es ist aber ganz klar, dass weder deine Eltern etwas dafür können, noch du.

    Gene
    Aber was bedeuten diese “biologischen Faktoren” für dich? Wirst du auch krank werden, weil deine Eltern krank sind und die Gene weitergegeben haben? Nein, denn die Biologie ist ja nur einer der drei Faktoren, die psychische Erkrankungen auslösen können. Durch die Wissenschaft wissen wir, dass niemand die Krankheit direkt erbt und sie auch nicht ansteckend ist. Allerdings erhöhen Gene das Risiko auch eine psychische Erkrankung zu entwickeln.

    So bleibst du gesund
    Deshalb ist es wichtig, dass du gut auf dich achtest, genug schläfst, dich bewegst und Kontakt zu Freundinnen und Freunden hast. Wenn es dir mal nicht gut geht, dann sprich mit anderen darüber. So kannst du selbst dazu beitragen gesund zu bleiben.

    Quellen:
    1Biopsychosoziales Krankheitsmodell Engel, 1980

  • Corona, meine Familie und ich

    Die Welt ist gerade ganz schön verrückt, denn seit einigen Wochen gibt es nur noch ein Thema: den neuen Virus SARS-CoV-2, der die Krankheit COVID-19 auslösen kann oder einfach gesagt “Corona”. Corona ist uneingeladen in unser aller Leben getreten, wirbelt im Alltag einiges durcheinander und sorgt für viel Stress. Das konntest du bestimmt in deiner Familie, bei deinen Eltern, aber auch bei dir selbst feststellen. Und du fragst dich vielleicht: Warum verhalten sich einige so komisch? Von Panikkäufen, Demonstrationen bis hin zu vollkommener Abschottung.

    Krisenstrategien
    In unserem Gehirn sind jahrtausende alte Krisenstrategien installiert, die nun abgerufen werden. Es gibt drei besonders wichtige Strategien: fight (kämpfen), flight (flüchten) oder freeze1 (einfrieren).
    Jeder Mensch nutzt gerade irgendeine dieser Strategien. Die “fighter” wollen das Virus mit allen Mitteln bekämpfen, Hände waschen etc. und sind vielleicht total wütend, wenn sich andere nicht an die Bestimmungen halten. Andere, die “flighter” versuchen zum Beispiel vor dem Virus zu flüchten. Sie fahren aufs Land oder bleiben so gut es geht Zuhause. Und die “freezer” sind in eine Art Schockstarre verfallen. Manche wollen das alles einfach gar nicht wahrhaben und reden sich ein, dass das Virus gar nicht so schlimm ist.

    Stress und Streit
    Es ist ganz normal, dass Menschen unterschiedlich reagieren, wenn sie einer Gefahr ausgesetzt werden – besonders, weil wir Corona auch nicht sehen können. Aber das kann dazu führen, dass wir uns darüber streiten was “richtig” ist. Wer hat Recht? Wie sollte man sich verhalten? Wir alle sind ganz schön unter Stress geraten. Die Corona-Bestimmungen schränken uns schon seit Wochen ein. Freunde treffen, Schule, Arbeit – das alles geht im Moment nicht normal. Besonders schwierig ist die Situation für Menschen, denen es vorher auch schon nicht gut ging. Die mit Angst, Depression oder anderen psychischen Belastungen leben. Der neue Corona-Stress kann diese Symptome noch schlimmer machen und so grübeln einige zum Beispiel sehr viel, waschen sich unaufhörlich die Hände oder sind total gereizt.

    Für dich
    Wenn du dich und deine Familie in dem Ganzen wiedererkennst, haben wir noch ein paar Ideen, die dir hoffentlich in dieser schwierigen Situation helfen. Versuche daran zu denken, dass

    1. es total normal ist, dass es uns gerade nicht so gut geht.
    2. die anderen in deinem Leben eine andere “Krisenstrategie” haben können.
    3. du etwas für dich selbst tun kannst. Tipps findest du hier: Beratungsstellen und Krisenhilfe.

    Quelle:
    1Cannon, W.B. Bodily changes in pain, hunger, fear and rage. 2. New York: Appleton, Century, Crofts; 1929

  • Wo keine Struktur ist, muss man sie erfinden! Warum Alltagstrott gar nicht so blöd ist – Teil 1

    Häusliche Isolation und Quarantäne sind für uns alle herausfordernd. „Damals“ gab es feste Zeiten durch Schule, Stundenplan, Mittagspause und Training. Wahrscheinlich hast Du nicht mal drüber nachgedacht. Und sie sind sehr nützlich. Man muss weniger darüber nachdenken, was als nächstes kommt. Das aktuelle Leben ist vorhersehbar und der Körper hat seinen Rhythmus. Das alles lässt uns gesund bleiben. Ausnahmen verstehen sich von selbst.

    Jetzt, wo das alles wegfällt, musst Du Dich selbst organisieren oder deine Eltern machen das – Struktur und Rituale sind zwei Zauberwörter. Manche hatte man schon früher und wenn sie nützlich waren und es irgendwie geht, dann mach sie weiter. Manche muss man neu erfinden oder sollte sie loswerden. So ist man im Kopf schon mal beschäftigt und von Tag zu Tag entsteht mehr Gewohnheit.

    Wir haben ein paar Ideen, die jetzt vielen Menschen helfen, zusammengetragen:

    Eine Tagesstruktur einhalten:

    • aufstehen wie auch vor Corona, vielleicht Montag bis Freitag zur selben Zeit und am Wochenende etwas anders
    • abends zu der Zeit schlafen gehen wie sonst auch
    • feste Schulzeiten überlegen, da hilft auch der Stundenplan
    • Essenszeiten bewusst setzen
    • Aktive Abschnitte mit ruhigen Dingen abwechseln

    Beweg Dich:

    • Gehe raus, fahre Rad, gehe neue Wege und mal um andere Ecken, Entdecken die Stadt, kleine Parks, Trimm-Dich-Pfade, Kleingartenanlagen, Wälder oder Wohnstraßen. Es ist Frühling – ab an die frische Luft.
    • Oder mach drinnen Sport – auf YouTube gibt es viele Angebote – Yoga, Workouts, Parcour-Basics – da lässt sich was finden – wir haben auch ein paar für Dich rausgesucht.
    • Mach Deine persönliche Challenge: Liegestütze, Sit-ups, Seilspringen, Laufen, Hanteltraining

  • Weil Alltagstrott gar nicht so blöd ist, kommt hier die Fortsetzung zu Struktur und Ritualen – Teil 2

    Wie war das mit Tagesablauf und sich bewegen? Schon ausprobiert? Wir haben hier noch ein paar echt gute Ideen für Dein gesundes Leben zu Hause:

    Besinne Dich auf Deine Stärken:

    • Was kannst Du gut und was macht Dir Freude?
    • Welches Hobby wäre mal interessant? Hast Du Lust auf ein Thema?
    • Bereite anderen kleine Freuden
    • Hast Du schon mal richtig was gemeistert? Warst Du stolz auf Dich?
    • Was war heute gelungen?

    Konsumiere Medien bewusst und gezielt:

    • Wähle wenige Informationsquellen aus, wo Du Dich zu Corona-informierst
    • Mache mit Dir selbst Verabredungen aus, wann Du Nachrichten konsumierst (vielleicht nicht mehr von dem Schlafengehen)
    • Lese bewusst andere Dinge als Corona-Nachrichten
    • Schalte den News-Feed auf Deinem Handy aus
    • Sprich mit anderen über das, was Du hörst, siehst und liest
    • Frage, wenn Du etwas nicht verstehst

    Kontakte über Videotelefonie pflegen:

    • Na das kannst Du ja …
    • Du fühlst Dich einsam? Dann melde Dich bei einer Beratungsstelle und sprich darüber. Zusammen könnt Ihr überlegen, wie Du mehr Kontakt zu anderen Leuten haben kannst und zu wem. Gutes Gelingen.